Prof. Rolf Pfeifer

Curriculum vitae Rolf Pfeifer

Professor für Informatik an der UZH

 

Bei meiner Berufswahl hat der Zufall eine grosse Rolle gespielt. Heute arbeite ich mit Robotern und interessiere mich für Intelligenz, insbesondere künstliche Intelligenz. Die Frage ist, ob man hier überhaupt von Berufswahl sprechen kann: Redet man von Wahl, so meint man doch meist eine bewusste Entscheidung. Ein typischer Satz, den man in meinem Lebenslauf erwarten würde, wäre etwa: «Schon als kleiner Junge war ich fasziniert von Robotern und habe reihenweise Science-Fiction-Romane verschlungen, was dann meine spätere Berufswahl entscheidend mitgeprägt hat.» Nix dergleichen. Ich habe eine Handelsschule besucht, weil meine Eltern das so wollten. Dann war mir das zu blöd und ich machte die Aufnahmeprüfung an die ETH, um Physik und Mathematik zu studieren. Nicht etwa, weil mich das sonderlich interessiert hätte, sondern einfach, weil es als «schwieriges Studium» galt. Nach abgeschlossenem Studium wusste ich dann nicht, was anfangen damit und ging, wie so viele Physiker, in die Computerindustrie.

Nach drei Jahren war mir das zu langweilig und ich ging wieder an die ETH, diesmal als Assistent in Kybernetik. In der Kybernetik beschäftigt man sich übrigens mit den Regeln, nach welchen Informationen innerhalb eines Systems aufgenommen, verarbeitet und übertragen werden. Wir haben damals bekannte Leute zu Vorträgen eingeladen, die mit kybernetischen Methoden arbeiteten. Einer davon war Professor Ulrich Moser, ein Psychologe und Freud’scher Psychoanalytiker, ein «Shrink». Er erzählte, für mich völlig unverständlich, über ein Computersimulationsmodell von Gefühlsstörungen. Computer mit Gefühlsstörungen, das fand ich irre. Beim Kaffee sagte er dann, dass er jemanden mit Computer-Erfahrung suche, da er einen Computer träumen lassen möchte. Ich nahm die Stelle an. Wieder ein Zufall. Und so landete ich am Psychologischen Institut. Dort kam ich erstmals in Kontakt mit künstlicher Intelligenz, was mich dann für die nächsten fünfundzwanzig Jahre beschäftigen sollte.

Nachdem ich mein Doktorat mit einer Arbeit über Computersimulation von Denken abgeschlossen hatte, wusste ich wiederum nicht, was tun und ging für ein paar Monate auf Reisen. Von da an wusste ich, dass ich einen Beruf brauchte, wo man viel reisen kann. Dieser Wunsch ist in Erfüllung gegangen: Als Professor kann – und muss – man viel reisen. Die Faszination für andere Länder war mit ein Grund, dass ich nach dem Doktorat für mehrere Jahre in die USA ging.

Zu den Robotern kam ich erst vor ca. 15 Jahren – auch diesmal nicht freiwillig. Wir hatten festgestellt, dass man Intelligenz nicht einfach als Computerprogramm verstehen kann, wie man das früher gegelaubt hat, sondern dass zu Intelligenz immer ein Körper gehört. Roboter haben einen Körper, wenn dieser auch ganz anders ist als derjenige von uns Menschen. Übrigens, davor hatte ich keine Ahnung, was ein Roboter ist. Das schöne an meiner jetzigen Tätigkeit ist, dass ich alles, was ich bei meinen «Irrfahrten» irgendwann einmal gelernt hatte – Mathematik, Physik, Kybernetik, Psychologie und Informatik – heute nutzen kann. Der Fachbegriff dafür ist interdisziplinär. Übrigens, nach dem Studium an der ETH habe ich mir alles autodidaktisch, also selbst, ohne irgendwelche Lehrer, angeeignet.

Aber ein berufliches Ziel hatte ich schon lange: Ich wollte ans MIT, das berühmte Massachusetts Institute of Technology in den USA, eine der angesehensten Universitäten auf der Welt im technisch-wissenschaftlichen Bereich. Weder als einfacher Student noch als Doktorand hatte ich den Mut dazu. Zwanzig Jahre später war ich dann Gastprofessor am Labor für Künstliche Intelligenz des MIT.